Wird E-Commerce vom maschinellen Lernen profitieren oder stellt es eine Bedrohung dar?

Die E-Commerce Revolution ist aufgrund von digitalen Fortschritten und Automatisierung möglich gemacht worden. Doch ist die nächste Stufe der Entwicklung, das maschinelle Lernen und künstliche Intelligenz, als Freund oder Feind zu betrachten?

Beim maschinellen Lernen versucht das System möglichst viel über Dich und Deine Vorlieben herauszufinden. Dabei geht es weit über bekannte Methoden wie Generalisierung und Charakterisierung nach Alter oder Geschlecht hinaus, denn das maschinelle Lernen kann erkennen dass Du Hunde-Emojis und Cartoons magst, jedoch nur die, die gleiche Haarfarbe haben wie Du.

Im Onlinehandel wird das maschinelle Lernen eingesetzt, um mehr über die Vorlieben von Nutzern zu erfahren und herauszufinden, wie diese ihre Informationen konsumieren wollen, um diese anschließend in zahlende Kunden zu verwandeln. Das System lernt dazu, passt sich an und testet neue Strategien, um die Kundenansprache zu optimieren.

Es ist ein erstaunliches Tool, das viele neue Möglichkeiten bietet, es birgt aber auch gewisse Risiken . In diesem Artikel will ich herausfinden, ob das maschinelle Lernen eher schadet oder hilfreich ist.

Intuitive Suche und Darstellung

Einer der Vorteile des maschinellen Lernens ist, dass es Dir die Fähigkeit verleiht, nach genau den Dingen zu suchen, die Du brauchst und haben möchtest. Wenn Du ein bestimmtest Produkt suchst und einen Suchbegriff im Internet eingibst, muss der jeweilige Onlinehändler denselben Begriff benutzen, damit dieses Produkt in Deinen Suchergebnissen auftaucht.

Beim maschinellen Lernen greift das System auf Synonyme und eine breiter gefasste Wortwahl zurück. Die Maschine sucht aktiv nach Synonymen und ähnlichen Suchbegriffen, die von anderen Nutzern für dieselbe Suchanfragen eingegeben werden. Die Begriffe „undichter Wasserhahn“ und „tropfendes Waschbecken“ sollten demnach zum selben Suchergebnis führen, was jedoch nicht immer der Fall ist.

Das maschinelle Lernen greift auf die Kennzahlen und Informationen Deiner Webseite zurück, um sich weiterzuentwickeln. Kluge Suchmaschinen priorisieren Durchklickraten und Conversions, platzieren Produkte mit vielen positiven Kundenbewertungen weiter oben und blenden Produkte, die nicht verfügbar sind, aus.

Es ist möglich, dynamische und unterschiedliche Inhalte in den Suchergebnissen bereitzustellen und Elemente anzuzeigen, z. B. Werbeanzeigen und Bereiche, die auf den Vorlieben des jeweiligen Nutzers basieren. Der Nachteil, oder die Bedrohung für Dein Unternehmen, liegt in der potenziellen Einschränkung der Anzeige von Produkten und Suchergebnissen, falls das System nicht genaustens überwacht wird.

Wenn Du das System nicht überprüfst und es stattdessen selbstständig Optimierungen durchführen lässt, könnte ein Produkt, das nicht oft gekauft wird, immer weiter nach unten geschoben werden und wird dann letztendlich gar nicht mehr angezeigt. Das darf natürlich nicht passieren.

Das Potenzial von Chatbots

Kannst Du Dich noch an Dein letztes Telefongespräch mit Deiner Bank, Deinem Kreditinstitut oder einem anderen Unternehmen erinnern, und an die Computerstimme, die Dir die Zahlen und Optionen vorliest, erinnern? Im Internet kannst Du Deinen Kunden diese Frustration mit Produktseiten, FAQs und ausführlichen Informationen dank der neuen Chatbots ersparen.

Chatbots sind jetzt in der Lage unstrukturierte Daten zu verstehen und den Nutzern realistische Antworten zu geben. Sie erkennen den Unterschied zwischen “Wie war Dein Tag?” und “Wie viel ist zehn minus zwei?”. Dein Kundenservice ist jetzt rund um die Uhr für Deine Kunden da.

Dank Chatbots sind jetzt auch kleine und mittelständische Unternehmen in der Lage ihren Kunden, ohne große Investition, einen Rundum-Service zu bieten. Das maschinelle Lernen wird genutzt, um Chatbots zu programmieren und mit Informationen zu füttern, um dann auf Kundenanfragen zu antworten. Die Interaktion mit den Kunden ermöglicht dem Chatbot dank des maschinellen Lernprozesses, mehr über Dein Angebot und Deinen Onlineshop zu erfahren.

Der Chatbot kann Deinen Kunden allgemeine Informationen wie Lieferkonditionen, Farben, Größen und andere Details bereitstellen. Im Laufe der Zeit kannst Du dann auf einen anspruchsvolleren Prozess zurückgreifen, die es dem Chatbot ermöglichen, Deinen Kunden neue Produktvorschläge zu machen, Preisnachlässe anzubieten und die Bedürfnisse Deiner Kunden einzugehen.

Das alles klingt so gut, man kann sich kaum vorstellen, dass Chatbots auch eine Bedrohung darstellen können. Die Gefahr liegt im Chatbot, der die Vorlieben und Bedürfnisse Deiner Kunden lernt. Die überwiegende Mehrheit dieser Chatbots stammt von Drittanbietern, die die gesammelten Daten Deiner Kunden nutzen können, um diese anschließend in den sozialen Medien mit Werbung gezielt anzusprechen.

Achte also besonders auf die vertraglichen Vereinbarungen und sorg dafür, dass die gesammelten Daten nicht von Drittanbietern genutzt werden können und anonymisiert sind, sonst hast Du es schnell mit verärgerten Kunden zu tun, die mit Werbung überschüttet werden, die ihre persönlichen Daten enthält, nachdem sie Deine Webseite besucht haben.

Preisgestaltung und A/B-Tests

Das maschinelle Lernen bietet neben Chatbots noch zahlreiche weitere Anwendungsmöglichkeiten. Du kannst Kunden beispielsweise ein E-Mail schicken, wenn der Preis für ein bestimmtes Flugticket fällt oder wenn der Stand im Wasserfilter sinkt und nachbestellt werden muss. Onlineshops könnten beispielsweise Gutscheine anbieten oder die Preise bestimmter Produkte vor den Feiertagen senken, um den Verkauf zu fördern.

Wenn ich zum Beispiel wüsste, dass Du mein Produkt kaufen würdest, wenn Du zwei T-Shirts für 25 Euro bekommen könntest, würde ich Dir ein entsprechendes Angebot schicken. Nächsten Monat könnte ich Dir dann ein neues Angebot für 27 Euro machen, vielleicht interessiert Dich das ja.

Der maschinelle Lernprozess erspart viel Arbeit und Du musst Dich nicht mehr auf Dein Bauchgefühl verlassen. Das System greift auf die Daten und Kaufgewohnheiten Deiner Kunden zurück, um diesen anhand unterschiedlicher Variablen wie Gewinnmarge, vorhandener Bestand und Folgekäufen neue Angebote zu unterbreiten.

Mehr Personalisierung setzt zusätzliche Kunden Personas voraus, was letztendlich zu einer großen Menge an Personas führen kann, weil sich Kunden oft nur schwer generalisieren lassen. Du musst eine gesunde Balance zwischen dem Preis und dem Zeitraum Deines Sonderangebotes finden, denn der Kunde könnte verärgert sein, wenn er zu spät auf Deinen Link klickt und plötzlich einen höheren Preis sieht.

Vorteile: Verbesserte Bestellungserfüllung

Das maschinelle Lernen hat das Potenzial den Kunden mit Extras zu belohnen. Die Lieferbedingungen sind stets einer der wichtigsten Faktoren und der maschinelle Lernprozess kann nicht nur die bevorzugten Lieferbedingungen selbst bestimmen, die Maschine kann auch eigenständig einen Test durchführen, um herauszufinden, ob eine schnellere Lieferung positive Auswirkungen auf die Verkaufszahlen hätte.

Das System nutzt die gesammelten Daten, um den Lagerbestand zu prüfen, damit die versprochenen Lieferzeiten, die oft von Zulieferern und Drittanbietern abhängig sind, eingehalten werden können. Du kannst zudem das Prinzip der Knappheit nutzen und Sonderaktionen bewerben. Du kennst das bestimmt von großen Onlineshops, die oft versprechen, dass das Produkt schon morgen geliefert werden kann, wenn Du innerhalb der nächsten 20 Minuten bestellst.

Bots können zudem aktuelle Informationen zum Lieferstatus bereitstellen und Trends erkennen, damit Du sofort erkennen kannst, ob eine Nachricht ausgeliefert wird, erwünscht oder wirksam ist.

Der wahre Vorteil des maschinellen Lernens liegt in der Vermeidung von falschen Versprechungen und der Erfüllung von zusätzlichen Dienstleistungen, um Deinen Kunden ein optimales Kundenerlebnis zu bieten. Der kluge Einsatz von Daten und maschinellen Lernprozessen kommt jedem Aspekt Deines Verkaufsablaufs zu Gute, angefangen beim ersten Besuch des Kunden auf Deiner Webseite, über die Kaufentscheidung, bis hin zur Kundenbetreuung nach dem Kauf.

Der Einsatz maschineller Lernprozesse im E-Commerce

Jetzt kennst Du die zahlreichen Einsatzmöglichkeiten, die das maschinelle Lernen bietet, und kannst es in Deinem Unternehmen einsetzen. Super! Die Entscheidung ist Dir leicht gefallen. Jetzt kommt der schwierige Teil, nämlich die Umsetzung. Du musst Deine Daten analysieren und mehr über Deine Kunden erfahren, um Deine Produkte, Dein Angebot und Deine Webseite auf die neue Technologie vorzubereiten.

Deine IT-Abteilung oder Dein Dienstleister brauchen gewisse Informationen, um das maschinelle Lernen für Dich umsetzen zu können. Dazu gehören:

  1. Eine Datenbank oder Zugriff auf eine bereits bestehende Datenbank, damit das System auf wichtige Markeninformationen zugreifen kann.
  2. Die Programmiersprache, die sich, basierend auf der API, auf die verfügbaren Dienste und Partner auswirken kann.
  3. Eine möglichst genaue Beschreibung der Abläufe, darunter auch Probleme und Bedürfnisse, auf die Du eingehen willst.
  4. Beispiele vergleichbarer oder ähnlicher Systeme, die Dir gefallen haben, die der Entwickler als Vergleich nutzen kann.
  5. Die Größe Deiner Zielgruppe. Wenn Dein Unternehmen bereits viele Kunden hat und Du beispielsweise den Lieferprozess automatisieren willst, brauchst Du höchstwahrscheinlich ein Hadoop Ecosystem, während kleinere Datensets mit Java und C++ auskommen.

Wenn Du eine Liste mit Deinen Zielen, Bedürfnissen, Anwendungsmöglichkeiten und Begriffen anlegst, kann Dein IT-Team die notwendigen Schritte zur Umsetzung bestimmen.

Drittanbieter machen diese Systeme immer zugänglicher und viele APIs sind sofort einsatzbereit. Es ist durchaus möglich, dass es bereits ein fertiges Produkt gibt, das Deine Bedürfnisse erfüllt und sofort genutzt werden kann.

Google stellt beispielsweise eine API für Mobilgeräte bereit, die Android-Apps Zugriff auf die Kamera eines Handys oder Tablets verschafft, damit Barcodes gescannt, Texte erkannt und sogar Gesichter und Emotionen erkannt werden können.

Maschinelle Lernprogramme haben unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten, die Du ganz auf Deine Bedürfnisse zuschneiden kannst. Wenn Du ein System wählst, dass seine Entscheidungen auf Grundlage vom Entscheidungsbäumen fällt, kannst Du A/B-Test durchführen und die gesammelten Daten anschließend nutzen, um Werbekampagnen zu erstellen und E-Mails zu verschicken, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.

Ein solches System würde lernen, welche Werbeanzeigen zum gewünschten Ergebnis führen. Das System könnte das Angebot dann selbstständig anpassen, weil es gelernt hat, welche Preisnachlässe zu mehr Klicks und zu höheren Umsätzen führen. Du kannst mit Hilfe maschineller Lernprozesse ermitteln, welche Angebote zu mehr Umsatz führen, während das System neue Parameter für Deine Werbekampagne festlegt, die auf dem Vergleich von Echtzeitergebnissen beruhen.

Das Ganze ist ein langwieriger Prozess, aufgrund der technologischen Fortschritte jedoch bereits heute möglich.

Chatbots und Smart Partner

Wenn Du Dich langsam in die Welt des maschinellen Lernens begeben willst, solltest Du mit einem Chatbot anfangen, weil Dir hier bereits zahlreiche fertige Produkte und Dienstleister für Deine Webseite zur Verfügung stehen, mit denen man schnell erste Ergebnisse erzielen kann.

Auf GitHub findest Du zahlreiche Chatbot-Anbieter, die sofort einsatzbereit sind. Du hast kostenlosen Zugriff auf unterstützende Daten und kannst sogar Trainingskurse kaufen, die Dir bei Deiner Entscheidung helfen. Du solltest einen Testdurchlauf machen, um zu lernen, wie man Antworten generiert, die auf häufig verwendeten Begriffen und Konversationen beruhen.

Die Nutzung eines solchen Trainingsprogramms und eines Sprachprogramms ermöglicht es Dir, Deinen Chatbot so zu programmieren, dass er die am häufigsten gestellten Fragen Deiner Kunden beantwortet und langsam aber sicher neue Informationen Deiner Kunden sammelt. Du oder Dein Team könnt selbst bestimmen, welche Informationen oder Angebote geteilt werden sollen.

Chatbots, die auf maschinelle Lernprozesse basieren, werden normalerweise mit Python programmiert, darum solltest Du einen Entwickler finden, der sich mit dieser Programmiersprache auskennt. Ein professioneller Programmierer kann Dir außerdem mit Rat und Tat zur Seite stehen und Empfehlungen machen, weil er sich mit neuen Technologien wie Googles TensorFlow auskennt, ein Programm, dass für die Programmierung eines von Grund auf neuen Chatbots sehr hilfreich ist.

Die heutige Datenwelt umfasst eine Vielzahl komplexer Systeme. Maschinelle Lernprozesse sind ein möglicher Katalysator, mit dem Du Dein E-Commerce-Unternehmen auf die technische Revolution vorbereiten und Deine Rentabilität steigern kannst. Die volle Nutzung Deines Potenzials ist letztendlich von der Wahl der richtigen Systeme, Anbieter und Deinem Team abhängig.

Über den Autor: Jake Rheude ist der Leiter für Geschäftsentwicklung bei Red Stag Fulfillment, ein E-Commerce-Fulfillment-Warehouse für Handelsunternehmen. Er verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich E-Commerce und Business Development. In seiner Freizeit liest er gerne über Themen aus dem Business-Bereich und teilt seine eigenen Erfahrungen mit anderen.

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